Es geht hier nicht um Positionen, die man durch Karriere einnehmen kann. Oder andere näher- oder fernerliegende Positionen.
Nein, es geht hier um Körperpositionen. Im OP. Und zwar ist mir bei meinen zwar seltenen, aber immer ungemein beliebten OP-Einsätzen, aufgefallen, wie man sich als Operateuer, erster und zweiter Assistent hinstellt. Also tatsächlich um die körperliche Position des Arztes intraoperativ.
Nach meiner (nicht evidence-based) Untersuchung können verschiedene Positionen und korrelierende Typen unterschieden werden.
Straight-A
Der dynamische Operateur (vorzugsweise Chef- oder Oberarzt) steht sehr aufrecht, die Beine nur ganz leicht gespreizt direkt am OP-Tisch, Knie und Rücken gerade. Hat alles einwandfrei im Blick und ist jederzeit Herr der Lage. Diese Position kann auch längerfristig einbehalten werden.
Broad-A
Der weniger dynamische (weil manchmal unterforderte) Assistenzarzt steht deutlich breitbeiniger als der Operateur. Dadurch steht er u. U. vom Blicklevel etwas tiefer als der Operateur, kann aber immer noch alles wichtige sehen, sich im "Notfall" aber auch am Tisch mit dem Unterkörper abstützen (cave, kann bei unter dem Abdecktuch versteckten Metallteilen des Tisches schmerzhaft sein). Auch diese Position kann lange durchgehalten werden. Variiert wird sie bei manchen Kollegen durch eine Hyperlordose, was aber ordentlich Zug auf die Facettengelenke machen kann und sich nachher in bösen Rückenschmerzen postop. bemerkbar machen kann (oder ich liege falsch und habe echt was strukturelles am Rücken).
Locked-In
Meine persönliche Lieblingsposition. Beinhalted Broad-A, dann aber eine Inversion und leichte Supination beider Füße, dadurch sind die Knie in Streckstellung fixiert, ohne daß man sich allzu sehr konzentrieren muss. Habe es schon öfter gehabt, daß die Stabilität der Knie ungenügend war und die plötzlich nachgegeben haben. Unschön, wenn man dann vom Tisch stolpert. Mit Locked-In kann das m. E. nicht passieren. Um eine unschöne Supinationsstellung und Zug auf die lateralen OSG-Bänder zu verhindern, empfehle ich eine zusätzliche Innenrotation der Hüften.
Sideways
Der von den Chirurgen benutzte Ausdruck ist häufig "reinfechten". Wird (zwangsweise) dann genutzt, wenn zwei Assis auf einer Seite stehen und von dem eingenommen, der am Arm des Patienten steht. Da er gar keine andere Wahl hat, steht er nicht mit der Breitseite, sondern nur mit seinem seitlichen Profil an den Tisch gelehnt (cave Bursitis trochanterica).
Wenn man in Trittweite eine Stufe hat, ist das auch länger auszuhalten. Dann auch mal wechselnd einbeinig. Kann man auch einnehmen, wenn man allein auf einer Seite ist, dann kann man die Füße auch besser ausstrecken oder verschränken. Hauptproblem ist allerdings die etwas eingeschränkte Sicht (in der Fechterstellung sowieso).
Over the top
Meine am meisten gehasste Position, weil DIE macht wirklich Rücken. Der Operateur sitzt, der Assistent beugt sich über das Bein nach vorne, wobei auf der ihm abgewandten Seite operiert wird. Egal, wie man es dreht und wendet, diese notgedrungen einzunehmende Position ist definitiv nicht angenehm.
EasyRider
Klingt gut, ist gut. Als zweite Assistenz der Hüfte, in der einen Hand den EasyRider-Haken, die Füße auf der Stufe so gestellt wie gewünscht und (da man eh nix sieht) auch durchaus in der Lage, alles mögliche andere zu beobachten. Nachteil: Man sieht wirklich gar nichts von der OP. Niente! Schon fies.
Aber angenehm auszuhalten. Wenn's schon mal sein muss, kann man's wenigstens geniessen. Wer weiß denn schon, wann Over the top wieder blüht.
Inbetween
Auch nicht gerade beliebt, der "Sprung" zwischen die Beine des Patienten zur Vorbereitung der Anastomose. Alternativ auch Unterm Tuch zu nennen. Da kann man sich zwar setzen, aber die Luft ist dort unten wahrlich nicht gut. Und unsteril ist man danach auch noch.
Einbeinig
Als Variation der oben genannten gerne mal genutzt zur Entlastung der eigenen geschundenen Gelenke. Da dies zur Mehrbelastung des anderen Gelenks führt, ist ein wechselseitiges Spiel zu empfehlen.
Ich denke, das wären die gängigsten. Jetzt soll nur keiner denken, wir flezen uns bei den OPs nur irgendwie so rum. Sterilität ist und bleibt immer das oberste Gebot. Aber wenn man 4, 6, teilweise 8 Stunden am Stück stehen muss, braucht man auch mal Ausweichmöglichkeiten am Tisch. Denn es ist tatsächlich so, daß man (v. a. wenn man nicht selber der Operateur ist) nach ein paar Stunden die eigenen Knochen beginnt zu bemerken. Da freut man sich über jedes Röntgenbild, weil das Bewegung bedeutet.
Doc Blog
#metoo in der Medizin
vor 1 Jahr
7 Kommentare:
Ich merke immer wieder, dass es ein unschlagbarer Vorteil ist auf der anderen Seite des Vorhanges zu sitzen.
ich denk mir jedesmal wieder vor den OPs, dass es schon nicht so schlimm werden wird, und jedesmal wieder gibts danach *aua*. hab aber bisher auch keine OP unter 2 1/2 stunden erlebt.
@Albert: Die Betonung liegt hier eindeutig auf *Sitzen*.
Doc Blog
Ich beneide euch wirklich nicht um das stehen im OP. Während meiner Ausbildung fand ich es super interessant im OP zu arbeiten, auch die Fachweiterbildung hätt mich gereizt aber das lange Stehen hat mich einfach zu sehr abgeschreckt.
ich hätt noch eine:
above nose
mussten wir pj´ler regelmäßig bei unserem koryphäen-schilddrüsen-operier-chefarsch einnehmen - da hängst du hakenhaltend über dem kopf des patienten und der ca macht sich an der thyreoidea zu schaffen.
hab heute wieder 6 Stunden den Sideways gemacht - aber trotzdem tolle OP ;-)
hihi wow gut das ich nur ne hilflose patintin bin ;)
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