Hatte letztens eine Patientin, nicht in der Ambulanz als Notfall, sondern in unserer Indikationssprechstunde.
Nix dramatisches, aber eine Sache, die sich gut operieren läßt. Kleine OP, die aber, wie alle, auch Risiken und Nebenwirkungen hat, klar.
Der Patientin geht es momentan gut, weil sie sich nicht belastet. Seit mehr als einem halben Jahr ist sie wegen dieser Geschichte jetzt krankgeschrieben.
Sie meinte, sie käme ja so auch zurecht, und bräuchte keine OP. Soweit so gut, aber was ist mit ihrer Arbeit und Arbeitsfähigkeit?
Darauf fing sie an loszupoltern.
Was das denn solle, daß man sie in eine OP drängen wolle, solange sie sich nicht belaste, habe sie ja keinerlei Beschwerden.
Ja, aber wie jetzt? Wollen Sie sich die nächsten 10 Jahre deswegen krankschreiben lassen?
Antwort: Natürlich! Denn wenn ich nichts tue, habe ich auch keine Beschwerden!
Doc Blog: Aber Sie können doch zumindest einen Arbeitsversuch starten und sehen, wie sich die Schmerzen entwickeln.
A: Auf gar keinen Fall! Dann werden meine Beschwerden ja wieder schlimmer. Nur, wenn ich mich nicht belaste, geht das so.
DB: Ja, aber wie jetzt? Gar nichts machen, die nächsten Jahre/Jahrzehnte?
A: Nein, so normal für mich arbeiten geht ja, aber nicht in meinem Beruf.
DB: Wie lange ist es denn noch bis zur Rente?
A: 8 Jahre.
DB: Und Sie wollen wirklich nicht doch nochmal einen Arbeitsversuch starten? Oder innerhalb des Unternehmens eine Umversetzung beantragen?
A: Nein, dann kommen meine Schmerzen direkt wieder.
Hallo? Ich glaube es hackt? Ganz abgesehen davon, daß die Dame wohl keinerlei Bock hat, nach der sehr wahrscheinlich erfolgreichen OP in ihren Job zurückzukehren. Wie kann man so dreist sagen, daß man lieber auf Staatskosten leben will?
Aber anderseits, sie ist ja eh bald ausgesteuert und wird sehen, was sie davon hat.
Und beschwert sich bei mir (hallo, ich bin zumindest dem Namen nach Chirurg) dann noch, daß wir ihr eine OP anbieten und keine konservative Behandlung.
Mann Mann Mann!
Sowas stößt bei mir echt auf Unverständnis.
Würde mir nie einfallen, so zu handeln. Gut, noch geht es meinen vorgeschädigten Gelenken ja einigermaßen, das mag irgendwann mal anders aussehen. Aber selbst dann würde ich doch zumindest die OP VERSUCHEN, in der Hoffnung, dann wieder/weiter Geld für mich und meine Familie verdienen zu können.
Also wirklich, da kann ich nur mit dem Kopf schütteln.
Doc Blog
#metoo in der Medizin
vor 1 Jahr
4 Kommentare:
jo...das natürlich ne ärztlich-ethische Entscheidung. Ich kann verstehen, was Dich am Patienten juckt, bin ich auch nur Zahnarzt, beizeiten aber auch mit chirurgischem Aufgabenfeld.
Meine Meinug: Lass dem Patienten seine Wahl, Dein Job ist das Skalpell. Alles andere bringt macht Dich schneller fertig als das "kleine Leiden vor der Rente" Deinen Patienten,
Gruss
u.
Normalerweise dränge ich niemanden zur OP, sowas kann ich auch gar nicht entscheiden, zumindest in den allermeisten Fällen nicht.
Auch der Dame habe ich klipp un klar gesagt, daß sie letztendlich die Entscheidung trifft.
Mich hat aber v.a. ihre so harsche Reaktion auf das Ansprechen der Arbeit irritiert.
Erst irritiert und dann verärgert.
Naja, wie gesagt, ihre Entscheidung und ich bleibe irritiert zurück.
Doc Blog
Du kannst die Leute nicht ändern. Wenn ihre Einstellung ist, dass sie lieber krank sind und anderen Leuten auf der Tasche liegen als gesund und für sich selbst sorgen, hast Du keine Chance sie zu ändern. Aber mich würde derartiges auch nerven!
Sekundärer Krankheitsgewinn also!
Bei solchen Leuten kannste nicht gewinnen. Der wirds doch auch nach der OP unter Garantie nicht besser gehen!
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